Schauplatz
Scena da glatsch

Scena da glatsch

Im Sommer ist hier das laute Tosen der Ova da Bernina zu hören. Im Winter hingegen verstummt der Bergbach zu einem leisen Gurgeln. Zu hören und zu sehen sind dann vor allem Eiskletterer, die in der Schlucht mächtige Eissäulen besteigen. Das meiste Eis dazu entsteht mithilfe von Wasserleitungen. Aus feinen Düsen und kleinen Löchern sprüht und tröpfelt Wasser auf die senkrechten Felswände. In Kombination mit Kälte wachsen so bizarre Eisgebilde, und die Wildwasserschlucht wandelt sich zum Eiskletterparadies. Reizt es auch Sie, in die Eiswand zu steigen oder die winterliche Schlucht von ganz unten zu sehen? Die Bergsteigerschule Pontresina bietet Eiskletter-Schnupperkurse und Winter-Canyoning an. 

Pontresina Tourism - {SUBJECT}

Eis zum Wachsen bringen

Als sich Eisklettern in den 1990er-Jahren zu einer eigenen alpinistischen Disziplin entwickelt, entdecken einheimische Kletterer auch die Wildwasserschlucht Ova da Bernina. Wasser, das aus Felsritzen drückt, bildet vor allem im unteren Bereich einzelne Eisfälle. 

Res Bähler, einem innovativen Bergführer aus Pontresina, kommt bald die Idee, der natürlichen Eisbildung ein wenig nachzuhelfen. Im Winter 2006/07 experimentiert er mit einem Feuerwehrschlauch, um in der Schlucht zusätzliches Eis wachsen zu lassen. Mit Erfolg.

Pontresina – Pionier im Eis machen

Seither haben die lokalen Bergführer die Eisbildung in der Schlucht immer mehr perfektioniert. Pontresina gilt als Pionier im Bewässern von Felswänden fürs Eisklettern, andere Destinationen haben die Technik übernommen. 

Neben der einzigartigen Lage mitten im Dorf hat die Schlucht von Pontresina den Vorteil der Höhenlage. Kalte Temperaturen kommen hier konstant und über einen langen Zeitraum vor. Von Mitte Dezember bis Mitte März herrschen beste Bedingungen fürs Eisklettern an bis zu 40 Routen.

Gefahren verringern

Im Vergleich zum Eisklettern an einem Eisfall im abgelegenen Gelände sind die Gefahren in der Wildwasserschlucht Ova da Bernina geringer. Die Routen sind mit Standplätzen und zum Teil mit Bohrhaken (Mixed-Routen) abgesichert, ähnlich wie in einem Klettergarten. 

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Lernen mit den Profis

Trotzdem bleibt Eisklettern auch in der Schlucht von Pontresina mit Risiken verbunden. Eisbrocken können abbrechen, ausgelöst beispielsweise durch andere Kletterer. Ohne Erfahrung oder professionelle Begleitung ist Eisklettern nicht möglich. Wir empfehlen darum einen Schnupperkurs mit der Bergsteigerschule Pontresina. Von Vorteil ist, etwas Klettererfahrung am Fels mitzubringen.

Eis ist nicht gleich Eis

Da Wasser auch im gefrorenen Zustand in Bewegung bleibt, können sich die Verhältnisse zum Eisklettern innert Kürze ändern, zum Guten wie zum Schlechten. Dieses Vergängliche und Dynamische macht Eisklettern so faszinierend, aber auch komplex und risikobehaftet. 

Wandernd durch die Schlucht

Wer die faszinierende Eiswelt auf eine andere Art als in der Vertikalen erleben möchte, dem ist Winter-Canyoning in der Wildwasserschlucht zu empfehlen. Die Tour, eine Mischung aus Seilpark und Klettersteig, dauert rund zweieinhalb Stunden.

Danke Res Bähler

Res Bähler, der das Eisklettern in der Schlucht von Pontresina initiiert hat, war ein bekannter und beliebter Bergführer. 2009 führt er den TV-Mann Nick Hartmann für die Reihe «SRF bi de Lüt» auf den Piz Bernina. Im Februar 2011 kommt der erfahrene Alpinist tragisch ums Leben. Als er nach einer Eiskletterpartie in der Val Fex sein Material zusammenpackt, wird er von einem herabfallenden Eiszapfen am Hinterkopf getroffen. Einen Tag später erliegt Res Bähler den schweren Verletzungen. Er wird bloss 39 Jahre alt.

Neben vielen Freunden und Bergführerkollegen hinterlässt Res Bähler ein grosses alpinistisches Vermächtnis. Er hat nicht nur das Eisklettern im Engadin geprägt, sondern auch den Seilpark Pontresina und den Klettersteig La Resgia mitinitiiert und deren Erstellung geleitet. Zudem hat er zahlreiche Kletterrouten im Berninagebiet erschlossen und saniert.